Widerruf! – der Bürgermeister im Verteidigungsmodus

Schon gleich zu Anfang der Sitzung der erste Aufreger: Dieter Engert (LiGr) zweifelte die formgerechte Einladung zur Sitzung an, da seiner Meinung nach auf den einzelne Anträgen nur 2 der vorgeschriebenen 6 Unterschriften von Gemeindevertretern für die Einberufung einer Sondersitzung seien. Gemeindevertretervorsteher Torsten Henzel erklärte ihm darauf hin, dass es einen korrekten Antrag auf Einberufung einer Sondersitzung, unterschrieben von 6 Gemeindevertretern, gibt. Grotesk, dass den Worten nicht geglaubt wurde und Dieter Engert sowie seine Fraktionskollegien Ella Bersch den Antrag sehen wollten. Nach kurzer Sitzungsunterbrechung, in der Schriftführer Klaus Menger den Antrag den Zweiflern vorlegte, konnte es weiter gehen. SPD und Freie Wähler – Bürger für Groß-Rohrheim brachten noch einen Dringlichkeitsantrag zum Thema Maimarkt 2023 ein, der mit 14 Ja-Stimmen, bei Enthaltung von LiGr, auf die Tagesordnung genommen werden konnte – dazu später mehr.

Alle Anträge auf der regulären Tageordnung wurden gemeinsam von SPD und Freie Wähler – Bürger für Groß-Rohrheim gestellt, damit die immer noch schwelenden Fragen und Unklarheiten zu den Themen Nachtrag, Haushaltssicherungskonzept und Stellenplan geklärt werden können und die Gremien endlich in die Haushaltsberatungen 2023 einsteigen können.

So wurde dann auch mit 14 Ja-Stimmen (2 Enthaltungen LiGr) der Beschluss gefasst, den alten Beschluss zum „Nachtrag Haushalt 2022“ aufzuheben und keinen Nachtrag 2022 zu erstellen, da dieser, auch weil bereits das Haushaltsjahr 2023 begonnen hat, mittlerweile unnötig geworden ist.

Mit dem gleichen Ergebnis wurde die Aufhebung des Haushaltssicherungskonzepts beschlossen, da nach Kenntnisnahme des Finanzplanungserlass des Hess. Finanzministeriums vom 14.10.22 (!), dieses erst gar nicht notwendig geworden ist. Warum die Verwaltung mit Bürgermeister Bersch als oberster Kämmerer in Kenntnis dieses Erlasses trotzdem ein Haushaltssicherungskonzept verlangt hat, bleibt ungeklärt. Einziger Vorteil dieser nicht notwendigen Beratungen und Ehrenrunden in den Gremien: damit die Stunden wertvoller Arbeit nicht verloren sind, sollen die Sparmaßnahmen in den Haushalt 2023 eingearbeitet werden.

Ein leicht anderes Abstimmungsergebnis war dann bei einem weiteren gemeinsamen Antrag zu verzeichnen. Ein im Juni 2022 neu abgeschlossener Arbeitsvertrag für einen Bediensteten in der Verwaltung sollte durch den HSGB (hessischer Städte- und Gemeindebund) auf Rechtmäßigkeit und ordentliches Zustandekommen geprüft werden, da weder eine Stellenbeschreibung hierfür existiert noch eine Ausschreibung stattfand. Gerade im öffentlichen Dienst sind zur Vermeidung von Korruption und Schaffung von Transparenz diese Vorgaben u.a. bei Stellenbesetzungen zwingend einzuhalten. Bei 2 Gegenstimmen (LiGr) und 3 Enthaltungen (CDU – hier wird leider immer noch die Arbeitsstelle mit der eventuellen Notwendigkeit eines Gerätewarts verwechselt) wurde dem Antrag zugestimmt. Der Bürgermeister sah sich jedoch genötigt, sofort Widerspruch einzulegen, da „Personalangelegenheiten allein Sache des Bürgermeisters seien und er innerhalb der Verwaltung Versetzungen vornehmen kann, um ein funktionieren der Verwaltung zu gewährleisten.“ Doch ob es sich um eine reine Versetzung handelt auf eine Stelle, die so im Stellenplan gar nicht existent war? Als Fraktionen in der Gemeindevertretung sehen wir unsere Aufgabe unter anderem in der Kontrolle der Verwaltung und des Gemeindevorstands und wollten daher diesen Vorgang, der sicherlich in der Verantwortung des Bürgermeister steht, prüfen lassen. Dass nun der Bürgermeister selbst gegen eine Überprüfung seines Handelns Widerspruch einlegt, lässt uns zumindest mehr denn je aufhorchen.

Noch weiter ging der Antrag, die Vorgehensweise des Bürgermeisters in Bezug auf die Schaffung der zusätzlichen Stelle in der Verwaltung, mit Umgehung des Gemeindevorstands und Missachtung eines Beschlusses der Gemeindevertretung, durch Anrufung des Verwaltungsgerichts zu klären. Noch ein paar Monate zuvor erbrachte eine Organisationsüberprüfung, dass die Personalausstattung der Verwaltung angemessen ist! Obwohl die CDU hier zusammen mit LiGr gegen den Antrag stimmte, forderte der Fraktionsvorsitzende Kurt Kautzmann den Bürgermeister nun in der Sitzung zum Rücktritt auf:

„ Das wäre das Beste für Groß-Rohrheim!“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

 

Den Vogel schoss der Bürgermeister dann mit seinem Widerspruch zum Maimarkt 2023 ab:

14 Gemeindevertretern, bei erneuter Enthaltung der LiGr, stimmten für unseren Antrag, dass der Maimarkt 2023 wie immer durch die Gemeinde zu organisieren und durchzuführen ist! Das Geld hierfür ist vorhanden und der Maimarkt eine „zeitlich gebundene wiederkehrende Veranstaltung der Gemeinde“ die auch in Zeiten der „vorläufigen Haushaltsführung“ bezahlt werden darf! Noch in der Sitzung des Sport- Kultur und Jugendausschusses hatte der Bürgermeister die Mitglieder aufgerufen, doch die Kommentare zu dem entsprechenden §99 der hessischen Städte- und Gemeindeordnung zu lesen – und genau dies ist passiert und da steht genau das oben Erwähnte! Doch dies ist auf einmal uninteressant und die Gemeindevertreter „sollen sich doch bei der nächsthöheren Instanz, so wie er es gemacht hat, beraten lassen!“ Wir wissen nicht, ob die „höhere Instanz“ die Kommentare zu den Paragraphen kennt, oder sich selbst ihrem Reim auf die Gesetztestexte macht. Es sei hier nur erwähnt: Auch für andere Städte und Gemeinden sollten doch die gleichen Gesetze gelten? In vielen anderen Gemeinden im Kreis gilt aktuell ebenfalls die vorläufige Haushaltsführung (noch kein von der Aufsichtsbehörde genehmigter Haushaltsplan vorliegend) und dennoch gibt es in Lorsch und Abtsteinach einen Fastnachtsumzug, gibt es in vielen anderen Gemeinden einen Neujahrsempfang und weitere kommunale Veranstaltungen. Nur in Groß-Rohrheim interpretiert der Bürgermeister die gesetzlichen Vorgaben anders.

Ein Bürgermeister sollte das Wohl der Gemeinde im Blick haben und damit auch die Durchführung von traditionellen Veranstaltungen fördern, wo sich Menschen treffen, austauschen und die örtliche Gemeinschaft unterstützt und gestärkt wird und nicht in den Krümeln nach Möglichkeiten suchen, Vereinsarbeit, Ehrenamt und örtliche Gemeinschaft zu behindern. ! Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Den Vorwurf, er wolle den Maimarkt nicht, muss sich der Bürgermeister nun gefallen lassen.