Folgende Stellungnahme haben wir in der Sitzung der Gemeindevertretung vom 28.03.23 abgegeben:
In den vergangenen Wochen und Monaten hat sich die politische Situation in der Gemeindevertretung leider in eine Dimension des Misstrauens zwischen Teilen der Gemeindevertretung und dem Bürgermeister entwickelt, die uns zu dieser Stellungnahme veranlasst.
Wichtig ist uns die aktuelle Problematik Haushaltsplan mit Stellenplan und die daraus resultierende vorläufige Haushaltsführung mit seinen Konsequenzen. Bekanntlich gab es zu diesen Themen auch kürzlich einen Austausch mit allen politisch verantwortlichen Personen der Gemeinde bei der Kommunalaufsicht beim Kreis Bergstraße inklusive Landrat Christian Engelhardt.
Bei diesem Treffen wurde die Rechtsauffassung der Kommunalaufsicht noch einmal allen Beteiligten erläutert. Hinsichtlich unseres zuletzt eingereichten Antrags zur Überprüfung der Umstände des Zusammenkommens eines Arbeitsvertrags im vergangenen Jahr in der Gemeindeverwaltung wurde hierbei klar dargelegt, dass Personalangelegenheiten in der Kompetenz des Gemeindevorstands und nicht der Gemeindevertretung liegen. Der Widerspruch des Bürgermeisters gegen diesen Antrag ist somit statthaft, und wir werden diesen daher nicht weiter aufrechterhalten. Dies ändert aber nichts an unserer kritischen Haltung bezüglich der Umstände, wie dieser Arbeitsvertrag zustande kam. Wir werden daher prüfen, ob ein Akteneinsichtsausschuss zum Zustandekommen der Zusammenarbeit mit dem KMB und der daraus resultierenden personalrechtlichen Konsequenzen für die Gemeinde möglich und zielführend ist und kündigen einen entsprechenden Antrag bereits jetzt schon an. Unserer Auffassung nach können Akteneinsichtsausschüsse alle Angelegenheiten einer Gemeinde betreffen, auch Angelegenheiten, die in der ausschließlichen Kompetenz des Gemeindevorstands liegen, vorausgesetzt, es handelt sich um abgeschlossene Vorgänge, wie es hier der Fall ist.
Zudem erhalten wir unseren Antrag auf Anrufung des Verwaltungsgerichts aufrecht, da es nicht nachvollziehbar ist, dass ein Bürgermeister gegen eine rechtliche Prüfung des eigenen Handelns Widerspruch einlegen kann! Wie soll es einer Gemeindevertretung möglich sein, dass Handeln des Bürgermeisters zu kontrollieren, wenn ihr das Recht auf Klage genommen wird?
Auch wurden wir beim Austausch mit der Kommunalaufsicht über deren Rechtsauffassung informiert, dass ein Maimarkt kein Neujahrsempfang sei, der bekanntlich in vielen anderen Kommunen auch während der vorläufigen Haushaltsführung in diesem Jahr stattfand. Insofern ist die Kommunalaufsicht beim Kreis auf vom Bürgermeister Bersch aus veranlasster Prüfung hier erst tätig geworden, mit dem Ergebnis, dass bei deren Rechtsauslegung die Durchführung eines Groß-Rohrheimer Maimarktes mit der vorläufigen Haushaltsführung unvereinbar sei. Insofern kann sich unser Bürgermeister Bersch bestätigt fühlen, dass er dank seiner eigens veranlassten Prüfung rechtmäßig Widerspruch gegen unseren Antrag, den Maimarkt wie üblich stattfinden zu lassen, eingelegt hat. Wir werden unseren Antrag aber hier dennoch nicht zurückziehen! Der Bürgermeister hätte mit der Durchführung des Maimarktes die überwältigende Mehrheit des Parlaments, die Vereine und sicherlich einen Großteil der Bevölkerung hinter sich. Wir haben hier übrigens auch eine andere Auffassung der rechtlichen Situation:
Mit der Rechtsauslegung des Kreises sind wir nicht zufrieden. Hier sind wir der Auffassung, dass es auch andere Ergebnisse geben kann. Auch hinsichtlich der grundsätzlichen Einbindung des Landrats sind wir etwas irritiert. Im kurzfristig zugesandten Anschreiben mit Einladung wird noch auf seine als Kommunalaufsicht zustehenden Kompetenzen hingewiesen, die bis zur Auflösung der Gemeindevertretung gehen. Allerdings ist ein solches Einschreiten der Kommunalaufsicht lediglich bei einer mangelnden Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit der Gemeinde(vertretung) gegeben. Bekanntlich treffen wir aber immer noch die notwendigen Entscheidungen, sind also handlungs- und entscheidungsfähig, aus unserer Sicht auch zum Wohle der Gemeinde, aber durch wiederholende Widersprüche des Bürgermeisters haben wir in vielen Sachthemen den gefühlten Stillstand. Hier kann ein Landrat als Kommunalaufsicht nicht zwingend einschreiten, es sei denn, wir würden bei der noch ausstehenden Verabschiedung des Haushaltsplans nicht weiterkommen. Er kann somit lediglich seine Meinung äußern, die wir auch zur Kenntnis genommen und bei den weiteren Entscheidungen sicherlich mehr oder weniger auch mit einfließen lassen.
In einem Kommentar zur vorläufigen Haushaltsführung, in dem unter anderem ein Geschäftsführer des Hess. Städte- und Gemeindebundes mitgewirkt hat, wird sehr klar ausgeführt, dass ein Rathaussturm im Zusammenhang mit der Fastnacht zum Beispiel auch während einer vorläufigen Haushaltsführung denkbar ist, da er zeitlich gebunden und in der örtlichen Struktur traditionell verankert ist. Aus unserer Sicht sind dies Eigenschaften, die auch auf unseren traditionellen Maimarkt zutreffen. Auf diesen Kommentar hin hatten wir auch unseren Antrag gestützt, nicht auf Halbwissen oder sonstige bloße Vermutungen. Und von irgendwelchen Dimensionen von denen die Kommunalaufsicht sprach (Rathaussturm im Vergleich zum Maimarkt) ist in der gesamten Ausarbeitung keine Rede! Entweder ist alles verboten, auch ein Neujahrsempfang, oder eben nicht!
Warum aber sind wir überhaupt noch in der vorläufigen Haushaltsführung und in der Situation, dass wir haushaltsrechtlich und ausgabentechnisch uns nicht frei bewegen können? In Groß-Rohrheim wie in vielen anderen Gemeinden ist es üblich, dass der Haushaltsplan vom Bürgermeister gegen Ende eines Jahres in die Gemeindevertretung eingebracht wird, damit dieser zeitnah verabschiedet werden kann. Somit gibt es, wenn überhaupt, nur einen kurzen Zeitraum der vorläufigen Haushaltsführung. Nicht aber in Groß-Rohrheim im Jahre 2023. Der Bürgermeister bringt den Haushaltsplan erst heute, Ende März 2023, in die Gemeindevertretersitzung ein. Damit trägt er die Verantwortung für dieses rechtswidrige Verhalten, denn die gesetzlichen Vorgaben sind klar, dass der Haushalt rechtzeitig also noch im Vorjahr einzubringen ist. Der schwarze Peter, keine Windelsäcke auszugeben, keinen Maimarkt zu feiern, kann keiner Fraktion und keiner Gemeindevertretung zugeschoben werden. Dieser liegt einzig und alleine beim Bürgermeister. Erst recht, weil er selbst eine Überprüfung der Durchführung des Maimarktes beim Kreis angestoßen hat. Der Kreis wäre ohne diese Überprüfung, so waren die Aussagen beim Austausch im Landratsamt, nichtgegen den Bürgermeister oder die Gemeinde tätig geworden, wenn der Maimarkt trotz der vorläufigen Haushaltsführung wie üblich stattgefunden hätte. Somit ist die Verantwortung für die lange vorläufige Haushaltsführung aus unserer Sicht beim Bürgermeister zu suchen, der mit seinem Verhalten entscheidend dazu beigetragen hat, dass der Maimarkt ausfallen wird. Es sei denn, er entscheidet sich heute noch anders und zieht seinen Widerspruch zurück!
Dieses gemeindeschädliche Verhalten müssen wir so klar ansprechen. Von einem hauptamtlichen gut bezahlten Bürgermeister erwarten wir als ehrenamtliche Gemeindevertreter mindestens das gleiche Herzblut und eine annähernd ähnliche Motivation sich für seinen Ort, die Gemeinschaft und das Ehrenamt einzusetzen.
Gerade in den letzten Corona-Jahren haben die Vereine und das ehrenamtliche Engagement gelitten. Umso wichtiger sind solche Veranstaltungen wie der jährliche Maimarkt, an dem sich u.a. die Vereine präsentieren können. Das ist zumindest die Auffassung der SPD-Fraktion!
Zum Schluss sei noch erwähnt, dass der Neujahrsempfang mit Sportlerehrung übrigens zu Unrecht vom Bürgermeister abgesagt wurde. Wie im Austausch beim Kreis nebenbei ausgeführt wurde, sind Neujahrsempfänge mit einer vorhandenen vorläufigen Haushaltsführung durchaus vereinbar. Nur in Groß-Rohrheim gab es einen Bürgermeister, der es offensichtlich besser zu wissen glaubte. Die Absage des Neujahrsempfangs ist im Nachhinein für die örtliche Gemeinschaft ein weiterer Schlag ins Gesicht.